Was ist Legasthenie?
Bei der Definition der Legasthenie gehen die Meinungen auseinander und das gesamte Feld ist auch bis heute nicht vollständig erforscht. Häufig haben viele Eltern Probleme damit, eine Erklärung des Begriffes zu finden, die Ihnen und ihrem Kind weiterhilft. Das liegt unter anderem daran, dass es verschiedene Variationen gibt.
Daher nähern wir uns dem Begriff "Legasthenie" anhand folgender Faktoren: Definition, Arten der Legasthenie, Ursachen und Umgang.
Wir erklären, was hinter dem Begriff steckt! Entdecken Sie, welche vielversprechenden Lösungen sich verbergen!
Definition - Was ist überhaupt "Legasthenie"?
Legasthenie beschreibt ganz allgemein eine andere Sinneswahrnehmung im Umgang mit Buchstaben und Wörtern. Dabei machen legasthene Menschen vermehrt "Fehler" beim Schreiben und Lesen.
Auffällig wird eine Legasthenie, wenn das Kind zeitweise Schwierigkeiten aufweist, sobald es auf Buchstaben und Wörter trifft. Es gibt verschiedene Anzeichen für Legasthenie, u.a. zählen folgende als 'sehr häufig':
- Verlangsamtes Erlernen des Lesens und Schreibens
- Auslassen von Buchstaben, Wörtern oder ganzen Satzteilen beim Lesen
- Niedrige Lesegeschwindigkeit
- Schlechtes Verständnis für das Gelesene
- Auslassen von Buchstaben beim Schreiben (z.B. „Has“ statt „Haus“ oder „Sne“ statt „Sonne“)
- Vertauschen von Buchstaben beim Schreiben (b, d)
- Schwierigkeiten beim Merken des Alphabets und bestimmter Reihenfolgen (Wochentage, Monate, usw.)
- Konzentrationsschwierigkeiten und Unaufmerksamkeit
Beim Fachausdruck Legasthenie herrscht eine große Unstimmigkeit. Durch unzählige differente Beschreibungen ist der Durchblick für viele Eltern unmöglich.Wir nähern uns der Erklärung des Begriffes anhand folgender Faktoren: Definition, Ursache, Wirkung und Lösung.
Es ist nicht unbedingt so, dass alle Symptome auftreten. Es können sich auch nur einzelne Symptome in einem Bereich bemerkbar machen.
Besonders wichtig ist es, zu klären, dass es sich hierbei lediglich und eine differenzierte Sinneswahrnehmung handelt. Legastheniker nehmen die Welt anders und aus mehreren Perspektiven gleichzeitig wahr.
Häufig definiert die WHO (World Health Organization) den Begriff Legasthenie als "Krankheit", welche eine Behandlung durch Psychotherapeuten und Ärzte benötigt. Jedoch ist hier primär die Arbeit von Pädagogen gefragt, sobald erste Anzeichen erkannt werden.
Außerdem ist zu sagen, dass es einen Unterschied zwischen der Legasthenie und der sogenannten Lese-Rechtschreibschwäche gibt. Denn häufig werden die beiden Begriffe mit derselben Definition in Verbindung gebracht. Jedoch ist die Legasthenie eher eine "Art" der Lese-Rechtschreibschwäche.
Deshalb gehen wir im Folgenden auf die Varianten der LRS (Lese-Rechtschreibschwäche) ein.
Arten der Lese-Rechtschreibschwäche (LRS)
Der Begriff leitet sich aus den lateinischen Begriffen legere (lesen) und asthéneia (Schwäche) ab und wird oft als Synonym für eine Lese- und Rechtschreibschwäche oder Lese-/Rechtschreibschwäche verwendet. Allerdings müssen hier die einzelnen Begriffe klar getrennt werden.
Im Allgemeinen teilt sich die LRS in zwei verschiedene Formen - die Kognitive LRS und die Intelligenzunabhängige LRS.
Eine kognitive LRS lässt sich tatsächlich durch Intelligenzmangel erklären.
Die Intelligenzunabhängige LRS teilt man erneut in die LRS im Rahmen einer allgemeinen Lernstörung und der speziellen LRS - der Legasthenie.
Die LRS im Rahmen einer allgemeinen Lernstörung kann durch bestimmte Ereignisse entstehen, wie zum Beispiel eine Trennung der Eltern, Todesfall in der Familie oder auch Krankheit und somit Lernausfall. Dabei handelt es sich dann tatsächlich um ein Krankheitsbild bzw. eine Störung und es ist die Arbeit von Psychotherapeuten gefragt.
Die spezielle LRS beschreibt dann letztendlich die Legasthenie.
Legasthenie steht nicht mit der allgemeinen Intelligenz in Verbindung, sondern zeigt sich hauptsächlich bei der Begegnung mit Buchstaben und Wörtern. Somit kann das Kind eine mittlere bis hohe Intelligenz aufweisen und trotzdem Schwierigkeiten mit dem Erlernen von Buchstaben und dem Schreiben von Wörtern haben.
Legasthenie ist genbedingt. Jedoch ist die Art und Weise, wie sie sich im Laufe des Lebens eines Kindes äußert, stark von dem Umfeld und weiteren äußeren Einflüssen abhängig.
Bekommt das Kind in der Schule eine angemessene Unterstützung und wird langsam und stark vertiefend mit den Buchstaben und Wörtern vertraut gemacht, so macht es positive Erfahrungen und behält die Motivation.
Hierbei spricht man von der sogenannten Primärlegasthenie (ohne sekundäre allgemeine Lernstörung), wobei keine psychischen Sekundärstörungen auftreten. Das Kind ist mit dem richtigen Umgang meist schnell auf einen guten Weg zu bringen.
Erhält es jedoch nicht die angemessene Unterstützung und das Erlernen von Buchstaben und Wörtern läuft zu schnell ab, so kann sich schnell Überforderung und Frustration bemerkbar machen. Hier findet keine Vertiefung statt und das Kind erfährt zusätzliche psychische Belastungen. Dann ist das Kind von der Sekundärlegasthenie (mit sekundärer allgemeiner Lernstörung) betroffen und die Hilfe eines Psychotherapeuten sollte in Betracht gezogen werden.
Ursachen – Wie entsteht Legasthenie?
Bei der Beobachtung der Anzeichen von Legasthenie stellt sich schnell die Frage: „Woher kommt sie und wie entsteht sie?“.
Wie bereits geklärt werden konnte, ist Legasthenie hauptsächlich genbedingt. Ist also ein Elternteil bereits davon betroffen, so ist es sehr wahrscheinlich, dass der Nachwuchs ebenfalls diese erblichen Anteile in sich tragen wird. Die Chromosomen 1, 2, 3, 4, 6, 15, 17 und 18 spielen eine sehr große Rolle bei der erblichen Weitergabe. Es wird vermutet, dass dort womöglich bestimmte Gene liegen, die einige Funktionen der Sprachverarbeitung steuern. Gibt es dort Probleme, kann der Erwerb der Schriftsprache beeinflusst werden.
Auch der auditive und visuelle Cortex (die Hirnrinde) scheint bei der Ursachenforschung von großer Bedeutung zu sein. Bei bestimmten Untersuchungen konnte bei Kindern mit LRS eine Verzögerung im linken Anteil der Hirnrinde festgestellt werden. Die linke Gehirnhälfte ist zuständig für die Sprachverarbeitung und die Gebiete in der Schläfengegend besonders für das Zusammenführen von Buchstaben zu Lautformationen.
(Quelle: https://www.aerzteblatt.de/archiv/40478/Legasthenie-Genetische-Ursachen)
Somit hat Legasthenie keineswegs etwas mit dem Maß an Intelligenz zutun. Es ist lediglich wichtig, die Anzeichen dieser früh genug zu erkennen, um dem Kind gezielt die nötige Aufmerksamkeit und Unterstützung geben zu können und somit positive Einflüsse im weiteren Verlauf zu bewirken.
Stärken legasthener Menschen
Da Legasthenie intelligenzunabhängig ist, weisen viele Kinder besondere Stärken in anderen Bereichen als dem Lesen und Schreiben auf. Dass legasthene Menschen eine andere Sinneswahrnehmung haben ist schließlich nicht direkt von Nachteil. Im Gegenteil.
Häufig zeigt sich hier eine starke Ausprägung der Fantasie, Vorstellungskraft und Kreativität. Sie haben ein bildhaftes Gedächtnis und merken sich Dinge auf eine andere Art und Weise.
Überwiegend sind gute Anlagen für spezielle Interessen und Neigungen vorhanden, die es zu fördern gilt. Manche können sehr gut malen oder musizieren, andere sind sehr sportlich.
Allgemein fällt aber auf, dass legasthene Menschen eine besonders ausgeprägte Neugier mitbringen. Sie haben große Wissbegierde und wollen die Welt entdecken und verstehen.
Auch zeigt sich häufig ein starkes Einfühlungsvermögen und hohe soziale Kompetenz.
Umgang mit Legasthenie
Nun stellt sich natürlich die Frage: Wie geht man am besten mit der Legasthenie um und bewirkt positive Einflüsse auf die Entwicklung des Kindes?
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, das Kind schnell auf einen guten Weg zu bringen und große Erfolge zu erzielen.
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Langsames, vertiefendes Lernen
Die Buchstaben sollten sehr langsam und vertiefend gelernt werden, damit ein dauerhaftes Merken erreicht werden kann. -
Spielerisches oder visuelles Lernen
Aufgrund der differenzierten Sinneswahrnehmung lernt das Kind eventuell auf eine andere Art und Weise. Es kann also möglicherweise helfen, vermehrt mit Bildern und Spielen zu lernen. Probieren Sie verschiedene Dinge aus und fragen Sie Ihr Kind, was es am liebsten mag. -
Erfolge feiern
Jeder noch so kleine Erfolg sollte anerkannt werden, damit das Kind die Motivation behält. So fühlt es sich nicht „anders“ und hat die Möglichkeit, Freude am Lernen zu empfinden. -
Erklären
Dem Kind sollte erklärt werden, was es mit der Legasthenie auf sich hat. Machen Sie ihrem Kind klar, dass es keineswegs „dumm“ ist und die Legasthenie keineswegs etwas mit verminderter Intelligenz zu tun hat. Verdeutlichen Sie Ihrem Kind, dass es auch viele andere gibt, die Legasthenie haben. -
Fragen Sie Ihr Kind
Sprechen Sie auch immer wieder mit Ihrem Kind über seine Bedürfnisse. Es ist ganz wichtig, dass hier eine Kommunikation stattfindet und das Kind das Gefühl vermittelt bekommt, dass man diesen Weg gemeinsam -
Zusammenarbeit mit Lehrkräften
Auch die Lehrer sollten aufgeklärt werden. Bekommt das Kind in der Schule die nötige Unterstützung, so kann sich diese sehr positiv auf die Entwicklung auswirken. Der Lehrer sollte dem Kind Verständnis entgegenbringen und gleichzeitig kleine Fortschritte anerkennt. Geduld und Einfühlungsvermögen sind hier sehr wichtig. -
Pädagogische Hilfe annehmen
Es ist vollkommen in Ordnung, sich etwas Unterstützung durch einen Pädagogen oder eine Pädagogin zu holen, daran ist nichts verwerflich. Denn bei Legasthenie ist hauptsächlich die pädagogisch-didaktische Förderung sinnvoll, um das Kind auf seinem Weg zu begleiten.
Die Zeit heilt viele Fehler...
...anders sieht es hier bei Kindern mit Legasthenie aus. Diese machen Fehler, die wesentlich häufiger auftreten. Besonders auffällig wird es, wenn die Fehler über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben und sich kein Lerneffekt einstellt. Die Diagnose wird erschwert, da es keine erkennbaren Fehlerprofile und ebenso keine auffällige Systematik bei den Fehler gibt. Sie erscheinen immer wieder-auch bei denselben Worten-an unterschiedlichen Stellen und können jedes Mal anders ausfallen.
Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass eine Unterteilung der Fehler aus therapeutischer Sicht möglich ist, z.B. bei der lautgetreuen Schreibung wie bei der Buchstaben-/Lautzuordnung, Wortgliederung, den Auslassungen, Verdrehungen, Ableitungen, dem Hinzufügen oder bei Groß-und Kleinschreibung. Texte werden nicht korrekt erfasst, es können keine Zusammenhänge hergestellt werden und eine Wiedergabe des Inhalts ist nicht möglich.
Wichtig ist: stellen Sie die positiven Perspektiven in den Mittelpunkt. Es wird auch Misserfolge und Rückschritte geben – aber in erster Linie zählen hier die Erfolge und die Fortschritte, die Ihr Kind macht. Denken Sie auch an die Stärken Ihres Kindes. Die eigenen Stärken sind ein Ruhepol für das innere Gleichgewicht und bieten einen Ausgleich zum Lernstress. Dort finden sich Selbstwertgefühl und die Freude am Lernen.
Schaffen Sie ein Umfeld voller Positivität und Motivation.
Gemeinsam mit Ihnen, den Lehrern und eventuell auch Pädagogen, kann das Kind große Erfolge erzielen und die Herausforderungen meistern.